Die Ursprünge der PRP Plasmolifting-Methode (Teil 2)
Auf welcher Grundlage wird die Auffassung vertreten, dass die Autohämotherapie nicht als eine Version der Vaccine-Therapie in Betracht gezogen werden kann? Der Punkt ist, dass sich die Autohämotherapie, wie bereits erwähnt, aus der sogenannten Serumtherapie entwickelt hat. Allerdings stellte die Serumtherapie meist eine intravenöse Injektion von „Immunserum“ einer immunisierten Person dar, d. h. es handelt sich um eine „passive Immunisierung“. Das Wirkprinzip der Vaccine-Therapie setzt jedoch an der Erzeugung von Immunität beim Menschen an und wird daher als aktive Immunisierung bezeichnet. Demzufolge kann ein und dasselbe Verfahren nicht gleichzeitig Serotherapie und Vaccine-Therapie sein.
Nun kommen wir zurück zur Betrachtung der Geschichte. Lange vor dem Erscheinen von Spiethoffs Arbeiten veröffentlichte Valentin Jez im Jahr 1901 sein Material über die wiederholte subkutane Injektion von autogenem Blutserum aus einer Vene bei der Behandlung von Erysipel.
Den verfügbaren Daten zufolge setzte August Bier im Jahr 1905 autologes Blut zur Behandlung von Lungenentzündungen ein und zwar völlig unabhängig von allen bisherigen Versuchen seiner Anwendung. Ungeachtet aller oben erwähnten früheren Veröffentlichungen wurde historisch der Ruhm des Pioniers der Autohämotherapie-Methode jedoch dem französischen Dermatologen Paul Ravaut zugeschrieben. In seiner 1913 veröffentlichten Arbeit beschrieb er die Autohämotherapie als eine wirksame Methode zur Behandlung von Hauterkrankungen. Bemerkenswert ist hier, dass diese Arbeit fast unmittelbar nach Spithoffs Bericht über die gleichartige Verwendung von autogenem Serum veröffentlicht wurde. Spiethoff war bemüht zu beweisen, dass er noch vor Ravaut autologes Blut verwendet hatte, da in seinem Bericht nicht nur die Injektion von autologem Immunserum, sondern auch von autologem Blut beschrieben worden waren. Aber leider lässt sich das Rad der Geschichte nicht rückwärts drehen.
Ravaut beschrieb die von ihm durchgeführte Behandlung als eine einfachere Methode zur Wiederinjektion von autologem Blut in das Patientengewebe, bezeichnete diese als „Autohämotherapie“ und wies darauf hin, dass das Infektionsrisiko bei dieser Behandlung deutlich geringer sei als bei dem Procedere mit autogenem Serum oder Fremdblut. Ferner kam er zur Erkenntnis, dass die Verabreichung von Vollblut zweckmäßig sei, da mit Vollblut alle seine potenziell wohltuend wirkenden Bestandteile in den Körper gelangen, und er nahm an, dass die Reabsorption von unter die Haut injiziertem Blut dazu führt, dass der Körper mehr Antikörper produziert.
Nicht nur Spiethoff weigerte Paul Ravaut den Vorrang der Entdeckung der Autohämotherapie einzuräumen. Beispielsweise schrieben Wien et al., dass die Entstehung und Entwicklung der Autohämotherapie das Ergebnis der Arbeit einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern sei. Zu den Forschern, die die gleichen Ergebnisse vor Ravaut erzielten, zählte er Naswitis, der seine Ergebnisse der Verwendung von gefrorenem und aufgetautem Blut veröffentlichte, sowie Dold, der erfolgreich autologes Blut zur Behandlung von Ekzemen einsetzte, und Fauvet, der günstige Ergebnisse bei der Behandlung von Furunkulose, Karbunkel, Mastitis, Ekzem, Strophulus und juckendem Erythem erzielte. Wien listete noch eine ganze Reihe von Forschern und Ärzten auf, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts autologes Blut zur Behandlung von Infektionskrankheiten, Grippe, Typhus, Scharlach, Masern und sogar afrikanischer Trypanosomiasis, Athrepsie, gynäkologischen, venerischen (Tripper und Syphilis) und onkologischen Erkrankungen verwendeten. In dem Zeitabschnitt ab Anfang der 1920er Jahre bis in die frühen 1940er Jahre wurden mehrere hundert Artikel zu diesem Thema in großen medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht.
In Russland setzte der Militärchirurg Walentin Woino-Jassenezki als einer der ersten die Autohämotherapie ein: Während des Russisch-Japanischen Krieges behandelte er damit Soldaten und veröffentlichte 1934 sein Hauptwerk „Abhandlungen zur septischen Chirurgie“, in dem er die Indikationen für die Anwendung der Autohämo- und Autoserotherapie beschrieb. Es ist hervorzuheben, dass auch sowjetische Ärzte und Forscher zur Entwicklung der Autohämotherapie erheblich beigetragen haben. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zur Anwendung dieser Methode in der Dermatologie, Kardiologie, Ophthalmologie, Geburtshilfe, Gynäkologie, Chirurgie, Pulmonologie und anderen Bereichen der Medizin veröffentlicht.
Wie ließen sich die wirklich vielseitigen therapeutischen Möglichkeiten der Autohämotherapie erklären? Trotz einiger Verwirrung in der Terminologie bestanden mehrere Versionen zur Erklärung des Wirkungsmechanismus von autologem Blut.
Eine Reihe von Autoren vertrat die gängige Ansicht, dass dem ins gerinnende Blut gelangten pathogenen Mikroorganismus, der bei Kontakt mit Luft Sauerstoff absorbiert, der Sauerstoff entzogen wird, wenn er wieder in das Gewebe injiziert wird. Der Körper erkennt dann den „toten“ Krankheitserreger, identifiziert ihn und bildet eine entsprechende Abwehr, das heißt, das Blut kann eine geeignete antigene Form des Schadorganismus enthalten; Daher „wirkt die Autohämotherapie als sehr spezifischer „Impfstoff“ gegen diesen Organismus“. Dies steht im Einklang mit den Studien von Burgess (1933), der annahm, dass „das Blut dieser Patienten wahrscheinlich Antigene enthält“ und „die Injektion vom Blut oder Serum daher zu einer Desensibilisierung führt“.
Freilich und Coe äußerten die Meinung, dass „Blut nach seiner Entnahme aus dem Körper in der kurzen Zeit, die bis zur Wiedereinführung vergeht, einige bisher unbekannte Veränderungen erfährt und zu einem heterogenen Fremdkörper wird.“ Es muss betont werden, dass die Substanz, die dem Blut die typischen Eigenschaften eines heterogenen Proteins verleiht, im zirkulierenden Blut fehlt, sondern bei dem Hinaustreten des Blutes aus dem Körper gebildet wird.
Saxon argumentierte auf der Grundlage seiner 10-jährigen Forschungserfahrung, dass „die heilende Wirkung dieser Therapie durch Blutserum gewährleistet wird, das alle schützenden Antikörper enthält – was auch immer sie sein mögen…“.
Besonders hervorzuheben sind die Studien von Charles Duncan, der 1916 seine eigene Methode zur Behandlung mit autologem Blut beschrieb. Diese Methode basierte auf einer Technik ähnlich der „Gilbert's Autoserotherapie“, die er einst mit seröser Flüssigkeit aus einem Pleuraerguss durchführte: „...der Autor heilte eine Infektionskrankheit, indem er einfach eine Vene mit einer Injektionsnadel punktierte, Blut in eine Spritze aufzog, die bereits sterile isotonische Natriumchloridlösung enthielt, und dann die Nadel herauszog, bis sie unter der Haut war, und den Inhalt injizierte“. Duncan vermutete einen Zusammenhang zwischen diesem Verfahren und einer Reihe von Fällen spontaner Genesung: Er behauptete, dass „die Wirksamkeit einer verletzenden Handlung, die zum Hinaustreten von Blut in das Unterhautgewebe eines Patienten führt, der an einer chronischen Infektion leidet, offenkundig ist“. In seinem nächsten Artikel (1916) machte Duncan auch darauf aufmerksam, dass „bei systemischen Infektionen oder bei fehlendem Zugang zur eitrigen Höhle die Heilung durch subkutane Injektion kleiner Dosen des in Kochsalzlösung aufgelösten Eigenblutes des Patienten erfolgt.“ Er argumentierte, dass die subkutane Injektion einer großen Menge an Flüssigkeit, wie isotonischer Natriumchloridlösung, sterilem Wasser usw., „unweigerlich dazu führt, dass mehrere kleine Blutgefäße platzen und daher eine gewisse Extravasation in das Gewebe verursacht wird.“ Nun werden die Toxine mit isotonischer Natriumchloridlösung in den lockeren zellulären Unterhautgeweben verdünnt, wo bekanntlich die größte Menge an Antikörpern produziert wird.
Unabhängig von den Ansichten über den vermeintlichen Wirkmechanismus von autologem Blut war sich die überwiegende Mehrheit der Autoren einig, dass die Autohämotherapie eine äußerst wirksame, aber gleichzeitig einfache und sichere Behandlungsmethode ist und eine ideale Sofortlösung für viele Erkrankungen darstellt. Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass die Eigenbluttherapie die Grundlehre von Hippokrates „primum non nocere“ (zuerst einmal nicht schaden) verkörpert und sich nie selbst diskreditiert hat.
Die historische Literatur zur Autohämotherapie enthält zahlreiche Verweise auf die Anwendungssicherheit intramuskulärer Injektionen von autologem Plasma. Die größten Vorteile der Autohämotherapie waren zum Beispiel laut L. Clendening ihre Einfachheit und Sicherheit. Wenn wir über die heutige Zeit reden, ist dann die Beurteilung der Autohämotherapie durch The Association for the Advancement of Blood & Biotherapies (AABB) überaus treffend: „Die Transfusion von autologem Blut und seinen Bestandteilen ist die sicherste Transfusion, die ein Patient je erhalten kann. Die Abwesenheit des Risikos einer Alloimmunisierung gegen Erythrozyten-, Leukozyten-, Thrombozytenantigene oder Serumproteine reduziert signifikant die Gefahr von Nebenwirkungen.“
Trotz der klaren Vorteile bediente man sich dieser Behandlungsmethode dennoch immer seltener, und dann verschwanden fast vollständig die Verweise auf die klassische Autohämotherapie in der medizinischen Literatur. Möglicherweise geschah dies zum einen Teil in Ermangelung einer allgemein anerkannten Erklärung für die positiven Wirkungen der Autohämotherapie, zum anderen Teil im Zuge des Aufkommens von Antibiotika und Impfstoffen. Das therapeutische Arsenal wurde mit immer neuen Behandlungsmethoden aufgestockt, und die Autohämotherapie rutschte allmählich in die Vergangenheit: Sie wurde nicht mehr in Bildungseinrichtungen gelehrt, und Ärzte konnten sich einfach nirgendwo die für dieses Verfahren erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen. In den 1940er Jahren begann die Entwicklung von wundertätigen Arzneimitteln, die auf immer mehr Begeisterung stießen. Diese Begeisterung ist bis zum Ende des 20. Jahrhunderts massenhaft geworden und führte in der Folge dazu, dass pharmakologische Präparate als Allheilmittel wahrgenommen wurden. Die anschließende massive Kommerzialisierung der Medizin verbesserte die Situation in keiner Weise. Sogar hochpotente spezifische Impfstoffe wurden von der Bühne verdrängt, ganz zu schweigen von so einem Relikt wie der Autohämotherapie. In der modernen Medizin hat sie keinen Platz mehr.
Trotz der Verfügbarkeit moderner Methoden darf man jedoch mit Gewissheit behaupten, dass die Autohämotherapie heute als synergetisch wirkendes Element des Behandlungsprozesses in Kombination mit selbst den fortschrittlichsten Behandlungsverfahren und -techniken erfolgreich eingesetzt werden könnte. Und an sich gilt sie als zeichensetzende Errungenschaft der Medizin des 20. Jahrhunderts, die in etwas modifizierter Form auch im laufenden Jahrhundert der Menschheit weiterhin dienen wird.