Therapie mit autologem Blutplasma (Teil 1)

Die Autohämotherapie, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihr Aufblühen erfuhr, zog sich nun aus dem einen oder anderen Grund schnell von der Bühne zurück und verschwand fast vollständig aus der medizinischen Praxis. Doch als würde man den Staffelstab weiterreichen, kam prompt ein neues Therapiekonzept zur Anwendung von Blutbestandteilen zum Vorschein, nämlich das plättchenreiche Plasma (PRP). Die Analyse des Datenbestands wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu diesem Thema lässt schlussfolgern, dass der Begriff „plättchenreiches Plasma“ zum ersten Mal 1954 von Kingsley gebraucht wurde: Er bezeichnete mit diesem Namen die konzentrierte Blutplättchenmasse, die er im Laufe seiner Experimente zur Untersuchung der Blutgerinnung gewann. In der Folgezeit wurde dieser Begriff in den 1960er Jahren in mehreren Veröffentlichungen erwähnt, die sich mit der Untersuchung der Plasmapherese und verschiedenen Methoden zur Gewinnung von Blutplättchenkonzentraten befassten. Eine Reihe von Autoren sind jedoch der Meinung, dass der Begriff PRP erst in den 1970er Jahren erschien und PRP erstmals in der Transfusionsmedizin zur Aufrechterhaltung des Hämostasesystems bei chirurgischen Eingriffen sowie zur Behandlung von Thrombozytopenie eingesetzt wurde. Laut anderen Autoren beginnt die Geschichte von PRP mit Fibrinkleber, den Matras 1970 in präklinischen Studien zur Behandlung von Hautwunden bei Ratten anwendete. Einige Jahre später wurde eine verbesserte Methode zur Anwendung von Blutbestandteilen vorgeschlagen, die als „Plättchen-Fibrinogen-Thrombin-Gemisch“ bezeichnet wurde. Um das Gemisch zu erhalten, wurden zum Fibrinkleber im letzten Schritt seiner Herstellung Blutplättchen in hoher Konzentration zugesetzt: Dieses Verfahren wurde durchgeführt, um das Fibringel auf natürliche Weise zu stärken und durch die Kombination der heilenden Eigenschaften von Blutplättchen und Fibrin eine integrative Wirkung zu erzielen. Wahrscheinlich kann die beschriebene Masse als erste Version dessen angesehen werden, was heute allgemein als PRP-Gel bezeichnet wird. Eine nach der gleichen Methode gewonnene Masse, die nun jedoch als „aus Blutplättchen gewonnene Wundheilungsfaktoren“ (platelet-derived wound healing factors) bezeichnet worden war, wurde im Zeitraum von 1986 bis 1990 erfolgreich zur Behandlung von Hautgeschwüren eingesetzt, die nach den von Matras 15 Jahre zuvor entwickelten Prinzipien des Fibrinklebers durchgeführt wurde. Im Jahr 1997 schlugen Whitman et al. eine autologe Alternative zum Fibrinkleber vor, die sie von vornherein als PRP bezeichneten, und den Namen jedoch später in „Plättchengel“ umwandelten.

Welcher der genannten Autoren auch immer Recht hatte, ist es unverkennbar, dass das massive, aktive und weiterhin ungebrochene Interesse an PRP durch die 1998 erschienene Veröffentlichung von Marx et al. hervorgerufen wurde, in der die Autoren sich mit PRP als einer Quelle von Wachstumsfaktoren auseinandersetzten.

Es ist zu bemerken, dass alle mit den oben genannten Methoden gewonnenen Produkte, unabhängig von ihrer Zusammensetzung und Beschaffenheit, ursprünglich als PRP bezeichnet wurden. Um einzelne Präparate wiedererkennbar zu machen, begannen kommerzielle Unternehmen, ihnen daher individuelle Namen zu vergeben. So wurde 1999 eine der Methoden zur PRP-Herstellung unter dem Handelsnamen „an Wachstumsfaktoren reiches Plasma“ auf den Markt gebracht. Ein Jahr später berichteten Choukroun et al. über die Entwicklung einer neuen Form von Blutplättchenkonzentraten, das „plättchenreiches Fibrin“ genannt wurde. Das charakteristische Merkmal der Methode seiner Herstellung war die verstärkte Polymerisation von Fibringel. Diesem Präparat wurde die Definition eines „Blutplättchenkonzentrats der zweiten Generation“ zugewiesen, da sein Unterschied zu anderen PRP-Typen offensichtlich war. Im Jahr 2014 stellte derselbe Autor eine verbesserte PRF-Form unter den Namen A-PRF vor, die laut dem Entwickler mehr Monozyten enthalten sollte.

Im Jahr 2006 schlugen Bielecki et al. ein PRP-Gel vor, das als eine an Blutplättchen und Leukozyten reiche Fibrinmatrix definiert wurde, und im Vergleich zu PRP über eine überlegene Wirksamkeit verfüge. Im selben Jahr führte Sacco den neuen Begriff „konzentrierte Wachstumsfaktoren“ ein. Seine Methode ermöglichte größere, dichtere Blöcke aus plättchenreichem Fibrin zu gewinnen. Im Jahr 2008 widmeten Everts et al. besondere Aufmerksamkeit Leukozyten als einem Bestandteil von Thrombozytenkonzentraten und beschrieben ihre zwei Formen – nicht-aktivierte und aktivierte. Das nicht-aktivierte Präparat wurde als „plättchen-leukozytenreiches Plasma“ bezeichnet, das aktivierte Gel als „plättchenreiches Leukozytengel“.

Unter den Konzepten, die in den folgenden Jahren entstanden sind, sind folgende hervorzuheben: die von Sohn in 2010 entwickelte Methode zur Herstellung von „klebrigem Knochen“ (autologer Fibrinkleber gemischt mit Knochentransplantat) und das von Mourão et al. in 2015 vorgeschlagene Protokoll zur Gewinnung von PRF in injizierbarer Form.

Auf der angewandten Ebene haben wissenschaftliche Entdeckungen in diesem Bereich dazu geführt, dass PRP bei Ärzten verschiedener Fachrichtungen allmählich an Beliebtheit gewann, da immer mehr Forschungsergebnisse demonstrierten, dass es erhebliche entzündungshemmende, antibakterielle, mitogene, angiogene, antibakterielle und chemotaktische Eigenschaften hat, die Zellproliferation stimuliert und auch Fibroblasten aktiviert. Seit Mitte der 1990er-Jahre wird PRP erstmals in der Zahnheilkunde und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie angewendet, dann in der Sport- und Rehabilitationsmedizin, Orthopädie, Dermatologie, ästhetische Dermatologie und Trichologie, Augenheilkunde und anderen Bereichen der Medizin.

Theorien zum Wirkmechanismus von autologem Plasma und Methoden zu seiner Herstellung erfuhren Wandel im Laufe der Zeit, wurden überarbeitet und ergänzt, und heute besteht kein Zweifel nur an der Tatsache, dass autologes Plasma, einschließlich jeder Form von PRP, ein wirksames und sicheres Mittel zur Behandlung einer Reihe von pathologischen Zuständen ist und eine ausgeprägte regenerierende und reparierende Wirkung auf verschiedene Gewebe des Körpers ausübt. Hinsichtlich der Definition von PRP, der Rolle einiger seiner Bestandteile und ihrer Anteile sowie der Methoden und Protokolle zur Plasmagewinnung besteht jedoch in der wissenschaftlichen und medizinischen Gemeinschaft kein Konsens.

Was heißt denn PRP? Mit diesem Fachkürzel wird üblicherweise Plasma bezeichnet, dessen Konzentration an Thrombozyten den gleichen Parameter im autologen Vollblut (peripheres Blut) übersteigt. Hinsichtlich der Werte der Thrombozytenkonzentration im Plasma, das über therapeutische Eigenschaften verfügen soll, gehen die Meinungen der Autoren jedoch auseinander: Einige glauben, dass die Ausgangskonzentration um das 2- bis 5-fache überschritten werden sollte, andere berichten, dass beispielsweise für eine erfolgreiche Behandlung von Alopezie ein 4–7-facher Überschuss erforderlich sei, und dritte sprechen von einer Erhöhung der Thrombozytenkonzentration um das 25-fache. Allerdings schlussfolgern beinahe alle Forscher, dass die optimale Konzentration nicht nachgewiesen bleibt und dieses Problem weiterer Erforschung bedarf. Anders als erwartet führt eine Erhöhung der Thrombozytenkonzentration nicht immer zu besseren Behandlungsergebnissen. Im Gegenteil, es gibt Studien, die belegen, dass eine Erhöhung der Thrombozytenkonzentration im Plasma um mehr als das 2,5-fache die Regenerationsprozesse im Gewebe hemmt. Wahrscheinlich ist es der Grund, weshalb die PRP-Definition von Robert Marx, der es als Plasma mit 1 Million Blutplättchen pro Mikroliter beschrieb, zu einer Art Standard wurde.